Gedanken rennen durch den Kopf

Die Essstörung hält mich in ihren Fängen, wie eine riesige Krake mit ihren Tentakeln. Der Griff sitzt fest und sie drückt mich an sich. Überall quillt das Fett aus meinen Poren hervor. Mit den Enden der Tentakeln reißt sie mir den Mund auf und stopft Unmengen an Essen hinein um dann mit einer anderen so tief in meinen Hals zu greifen, dass der Würgereflex ausgelöst wird und alles anverdaut wieder heraus kommt. Ich kann mich nicht bewegen, nicht einmal schreien oder um Hilfe rufen. Sie tut mir weh. Sie greift nach mir, wenn ich mich in Sicherheit wiege. Sie kriecht aus dem Dunkeln hervor um mich erneut mit hinunter zu ziehen. Sie flüstert mir böse Worte zu und lässt all das zur Wirklichkeit werden und doch, ja doch ist sie mir seltsam vertraut. Wie ein alter Bekannter. Ich kenne ihren Griff, fast erscheint es mir als wiegt sie mich damit. Und manchmal komme ich mir sicher vor, so sehr sie mir auch weh tut. Vielleicht kriecht sie deshalb immer wieder hervor. Vielleicht gebe ich ihr zu viel Raum und ja, vielleicht sehne ich mich manchmal sogar nach ihr.
Die letzen Tage wird alles wieder schlimmer. Die Gedanken präsenter als je zuvor. Ich kann spüren, wie ich mehr und mehr werde, wie das Kotzen nicht mehr zu reichen scheint und ich hungern möchte, bis ich wieder das Gefühl habe "Ich" zu sein. Bis all das von mir abfällt, was mein wahres Ich verdeckt. Die Lügen in Form von Fett an meinen Körper gebettet. Ich sehe in den Spiegel und denke, dass kann nicht ich sein, das darft nicht die Wirklichkeit sein. Wo ist meine Stärke hin? Und vielleicht lasse ich dieses Monster immer wieder zurück in mein Leben, weil ich nicht anders kann. Ich will doch stark sein. Warum muss ich Stärke und Schwäche über Gewicht und Erscheinungsbild definieren? Was läuft in meinem Kopf anders, dass ich den Weg in die Akzeptanz meiner Selbst aus den Augen verloren habe?